Frankreich - Bon appétit!

Aktualisiert am: 29. März 2022

 

 

Während wir uns in den Amerikas herumgetrieben haben, hatten wir ja ständig Fantasien vom lecker Essen in Frankreich. Das hat uns ja oft unterwegs gefehlt, sowas Raffiniertes, wie sie es nach unserem Geschmack nur hier zaubern können. Und jetzt sind wir da, im Leckiland! Klar, dass das hier eine Genusstour durchs Land wird. Allein auf die unvorstellbar riesige Käseauswahl freue ich mich jetzt schon! 1200 - 1500 Varianten soll es hier wohl geben. Jumpys Testreise haben wir ja auch schon durch Frankreich gemacht und alle zwei Tage zwei neue Käsesorten gekauft. Und nein, es wurde nicht langweilig, nach drei Wochen mittags immer noch Baguette mit diesen z.T. wirklich ungewöhnlichen Spezialitäten zu verputzen.

Und dann kommen noch die zig Weinsorten dazu und die Oliven und die Trüffel und die Wurstvarianten und, und, und… Am Ende brauchen wir gar kein Auto mehr, um durchs Land zu rollen, das können wir dann vielleicht bald selbst. Obwohl, der Franzose an sich ist ja gar nicht dick. Sie genießen das Essen eben und das bedeutet nicht gleichzeitig Riesenportionen. In diesem Sinne: Lassen wir uns überraschen, was das Land dieses Mal an Leckereien für uns bereithält!

 

Bevor wir in der Zivilisation anlangen, übernachten wir erstmal an einem See, zu erreichen nur über matschige Pisten. Noch im Sommer vor zwei Jahren war es ja fast ein Ding der Unmöglichkeit, in diesem Land frei zu stehen, ohne evtl. von der Polizei oder sonstwem wieder verscheucht zu werden. Durch die unglaublichen Mengen an Campern, die ja mittlerweile unterwegs sind, haben die Ortschaften (wie wir auch schon in Deutschland entlang der Mosel festgestellt haben) aber scheinbar reagiert und diverse Parkplätze und Wiesen für Übernachtungen ohne Service dabei freigegeben. Das ist doch super!

Es ist ruhig hier und man kann ein Schwanenpaar auf der Suche nach Nahrung sowie die Farben des Sonnenuntergangs beobachten. Morgens regnet’s allerdings schon wieder und wir gucken missmutig aus dem Fenster. So richtig besser will das Wetter in der nächsten Zeit angeblich nicht werden. Puh! Regen, Nässe, Kälte… Die Bilder, die man bei der Idee „Reise in den Süden“ im Kopf hat, sehen definitiv anders aus…

 

 

Heute steht METZ auf dem Plan. Außer, dass die Stadt existiert, hört man ja sonst davon nichts. Völlig zu Unrecht finden wir! Schon beim Reinkommen in den Stadtkern offenbart sich typisch charmant-französische Architektur mit pastellfarbenen Fensterläden, eine gotische Kathedrale mit drumherum schönen Straßen und Gassen mit hübschen alten Laternen. Generell findet man hier viel mehr individuelle kleine Läden und Boutiquen als bei uns. Und wie es sich für dieses Land gehört, ein Spezialitätengeschäft nach dem anderen.

 

 

Auch die Restaurants bieten so viele tolle Gerichte an, die uns eine Auswahl für den Abend schwer machen. Kaum für eines entschieden, ist es auch schon voll ausgebucht. Schade, aber nicht weit davon liegt direkt an der Mosel ein Käsefondue-Restaurant mit den unterschiedlichsten Kompositionen. Dann eben so. Die letzten zwei Winter haben wir ja kein Fondue gehabt, das wird jetzt nachgeholt! Die sparen hier aber wirklich nicht! Ein ordentlich voller Topf blubbernden Käses mit einem Riesenberg an Brotstücken und dazu sogar noch eine Wurst- und Schinkenplatte. Sehr lecker, aber uffz! Naja, ist ja kalt draußen, da braucht man ja Kalorien, oder wie war das…? Egal, leckere Kalorien!

 

Wir parken zur Übernachtung in der Stadt einfach an einem kleinen Park, wo kaum Verkehr herrscht. Immer noch komisch, dass das jetzt scheinbar kein Problem mehr darstellen soll, quasi in der Öffentlichkeit für die Nacht zu stehen. Auf dem Weg zum Auto sehen die angeleuchteten Kirchen und Straßen, gerade auch mit den Spiegelungen im Fluss, besonders schön aus.
Also Metz kann man echt mal machen!

 

 

Die Fahrt geht über weite Landschaften, nur hier und da mal ein kleines Örtchen. Auch ein Stück durch die Region Champagne führt die Strecke heute, aber ihren berühmten blubbernden Erzeugnissen widmen wir keine Aufmerksamkeit. Am Himmel tummeln sich leider immer noch einige Wolken, aber zwischendurch wärmt wenigstens auch mal die Sonne von vorne. Es herrscht relativ wenig Verkehr. Ich frage mich in Frankreich immer, wie es hier möglich ist, so wenig Autos auf den Fernstraßen zu haben. Auf den Autobahnen ist durch die Maut sehr viel weniger los als in Deutschland, auf den kostenfreien Landstraßen aber auch. Soll mir recht sein, so fährt sich’s eindeutig angenehmer! Heute bis zu einem See nördlich von Dijon.

 

 

Wir sind nun in der Region Bourgogne, Heimat des gleichnamigen Burgunders und des Beaujolais. Bevor wir uns da durchtesten, begeben wir uns erstmal auf einen kleinen Umweg ins tiefste Mittelalter. Auch wenn die meisten Städte dieses Lands mittelalterliche Vergangenheit atmen, ist das Örtchen NOYERS-SUR-SEREIN doch schon sehr besonders. Es wirkt, wie in einer anderen Zeit stehengeblieben mit ihren windschiefen Fachwerkhäusern und Kopfsteinpflastergassen und gehört offiziell zu den schönsten Dörfern Frankreichs. Als wir ankommen, pladdert es allerdings mal wieder, die grauen Wolken haben heute fast gar keine Kontur. Ich mummele mich ein bisschen maulig auf dem Sofa ein und arbeite an Fotos, während Torben schonmal nen Rundgang macht. Ich hoffe darauf, dass morgen das Wetter ein bisschen Einsehen mit uns hat. Auf das mehrfache Zeigen auf unser Sunreiser-Logo will die Sonne bisher einfach noch nicht reagieren. Sogar unser neues Maskottchen Jolly Jumper auf dem Armaturenbrett guckt schon ganz bedröppelt drein…

Eine Weile später kommt Torben wieder und meint, dass ganz tolles Licht herrschen würde. Am Laptop sitzend hab ich das überhaupt nicht mitbekommen, aber mittlerweile leuchtet der ganze Himmel in einem einem diffusen und gleichzeitig intensiven Gelb, z.T. durchmischt mit Rosa und Blau auf die alten Gemäuer. Zack, und schon bin ich draußen und für ne Fotorunde gerüstet. Mann, ist das niedlich hier! Passend dazu streunt die eine oder andere Katze um Torbögen und Holzpfähle. Abends gibt die Straßenbeleuchtung dem Ort nochmal eine ganz besondere Atmosphäre. Obwohl Noyers nicht groß ist, lesen sich die Speisekarten der Restaurants auch hier sehr, sehr einladend. Aber wir können ja nicht ständig essen gehen… Naja, aber einem Foodtruck-Stand nur ein paar Meter neben Jumpy stehend mit seiner „Carbonade Flamande“ (eine Art Gulasch in Rotweinsauce mit Süßkartoffelpommes dazu) können wir dann doch nicht widerstehen.

 

Man möchte fast erwarten, dass in so einem alten Dorf ständig betagte Leute in mittelalterlichem Gewand um die Ecke kommen würden. Aber nee, hier am Stand werden wir von einer jungen, gut gelaunten Frau bekocht. Davor stehen ebenso junge Männer und trinken Wein. Einer von ihnen interessiert sich für Jumpy und fragt uns erstmal aus. Lustigerweise sehen wir genau die beiden am nächsten Morgen nochmal wieder und sind erstaunt, wie sehr sie sich freuen, uns wiederzusehen. Und wir wiederum sind begeistert, so freundliche Bewohner kennen gelernt zu haben.

 

 

Heute steht erstmal wieder das Projekt Duschen an. Wir haben ja eine an Bord, aber um das Wasser dafür im Boiler zu erhitzen, muss man schon ein bisschen Fahrtstrecke unterwegs sein, bis es heiß genug ist. Oder Sonne für die Solarpanels haben… Und beides ist bei dem Scheißwetter und den relativ kurzen Distanzen ja grade nicht. Campingplätze haben mitllerweile fast alle über den Winter dicht gemacht, also muss es heute irgendwie so gehen. Buuuuaaahh! Was hab ich das NICHT vermisst, beim Planschen zu frieren!!! Ich bin echt überzeugter Warmduscher! Mann, was bin ich froh, als die Prozedur vorbei ist und ich wieder sauber auf der Matte stehe!

 

Zur Belohnung ist unser heutiger Übernachtungsspot neben einer Reihe von kleinen Buden gelegen, die sowohl cremige Kürbissuppe als auch ein klassisches Gericht namens „Oeufs en Meurette“ anbieten, also pochierte Eier in Rotweinsauce (wir sind eben in ner Weingegend unterwegs, was willste machen…) mit Speckstückchen und Zwiebeln. Sieht man in dieser Region immer wieder und lohnt sich. Schmeckt herzhaft gut!

 

 

DIJON, die Senfstadt, macht echt Spaß, sich anzusehen. Mittelalterliches Fachwerk gemischt mit französichem Jugendstil und anderen besonderen Stilvarianten machen die Innenstadt aus. Platanenalleen und kleine Gässchen laden zum Bummeln ein. Manche Dächer sind mit bunten Dachziegeln versehen, auch typisch für diese Region. Sogar die Sonne lässt sich mal wieder verlässlicher blicken. Auch hier gibt es selbstverständlich nicht nur Senf als Spezialität, und man möchte sich am liebsten den ganzen Tag nur durch irgendwas durchprobieren. Wir hatten uns extra einen Samstag für diesen Stadtbesuch auserkoren, da dies auch ein Markttag in den großen Hallen mit gusseisernem Verzierungen sein soll. Laut Internet angeblich auch bis nachmittags. Als wir dann davor stehen, besagen die Öffnungszeiten was anderes. Nur bis 13.00 h. So’n Mist! Naja, ist ja nicht so, dass man nicht auch im Rest der Stadt jede Menge Leckereien bekommen könnte. So zum Beispiel einen veganen Kürbis-Walnuss-Kuchen plus Kokos-Ananas-Limetten-Smoothie in einem modern eingerichteten gleichzeitig aber durch die alten Balken urigen Café. Oder später zum Abend in einem puscheligen, fast theaterlich anmutenden Restaurant ein unfassbar cremiges Risotto mit gebratenen Jacobsmuscheln und zum Abschluss ein herrlich zerfließendes Moelleux au Chocolat. Und überall sind die Leute so freundlich, nicht nur in dieser Stadt! Hach, wie schön!

 

 

Im Dunkeln sind dann auch die Gebäude angestrahlt und wir entdecken noch ein paar neue Ecken, bevor wir uns auf den Weg zu Jumpy machen. Der wartet auf einem Parkplatz außerhalb der Innenstadt auf uns, wo man auch kostenlos übernachten darf. Und ruhig ist es sogar noch dazu.

 

 

Wir befinden uns immer noch in der Bourgogne, sogar im Herzen der Region, was man auf dem Weg nach Süden an den unzähligen Weingütern mit ihren Rebenfeldern merkt. Diverse Häuser oder Mauern tragen stolz die Namen ihrer Produkte. Wir kennen uns mit Burgunder nicht so aus, aber da sollen ein paar weltbekannte Exemplare darunter sein…

 

 

Wir quartieren uns für ein paar Tage auf der Wiese eines Weinguts nahe des Dörfchens FLEURIE ein. Der Gutsbesitzer kommt schon am nächsten Morgen kurz nach dem Frühstück vorbei und fragt, ob wir nicht Lust auf eine Weinprobe hätten. Ui, grundsätzlich schon, aber das ist uns dann doch ein bisschen zu früh und wir verschieben das Ganze lieber nochmal… Derweil erkunde ich noch ein bisschen die Gegend. Die Weinstöcke sind hier so viel kleiner und knorriger als die, die wir in Südwestdeutschland gesehen haben. Dass aus so kleinen Pflanzen so berühmte Getränke resultieren…!

Ein paar Exemplare testen wir dann auch zu einer etwas angenehmeren Uhrzeit für eine Weinprobe. Ein weiteres Camperpaar gesellt sich dazu. Der Gutsbesitzer Philippe erklärt uns enthusiastisch seine Arbeit und lässt uns von weißem Beaujolais bis hin zu verschieden geschmacksintensiven roten Beaujolais-Varianten durch seine Produktpalette probieren. Mein letztes Erlebnis mit dieser Weinsorte war damals während meines Frankreichjahres im Studium. Da habe ich mit anderen Mitstudis einen Abend mit Beaujolais Primeur zelebriert, der jedes Jahr Mitte November auf den Markt kommt. Allerdings damals mit der Überzeugung, dass ich davon nicht unbedingt nochmal was brauche, da die Erkenntnis als „viel zu sauer und furztrocken“ ausfiel. Hier aber - wenn auch kein Primeur - ist das Ergebnis viel positiver. Alle Weine schmecken leicht, fruchtig, rund und je nach Lagerung natürlich immer intensiver und körperreicher. So nehmen wir uns sogar ein paar Flaschen mit. Dazu gibt’s von Philippe noch ein paar Anekdötchen, dass man hier in der Region Beaujolais auch als Mensch ja sowieso viel angenehmer sei als dort, wo der klassische Burgunder angebaut wird. Sprach’s und schenkt grinsend nochmal nach.

 

 

Das Wetter spielt mal wieder nicht mit. Heute sollte die Sonne scheinen, aber was ist? Man kann vor lauter Nebel nicht mal weiter als bis zum nächsten Baum gucken. Tja, die Vorhersagen, sofern sie denn überhaupt mal irgendwas mit Sonne anzeigen, taugen in der letzten Zeit wirklich überhaupt nichts. Meist ist es doch schlechter als erhofft. Wir wollen nun weiter nach LYON. Vielleicht stimmt das ja dort mit den gelben Bällchen am Himmel.

Auf jeden Fall stimmt es, dass in dieser Stadt der Gastronomie und dem Kochen noch mehr Bedeutung beigemessen wird als es sowieso schon im ganzen Land der Fall ist. Paul Bocuse als wohl weltweit bekanntester Koch, wenn auch mittlerweile verstorben, ist überall auf Fotos, auf Wandmalereien und in Gestalt von Figuren präsent. An jeder Ecke sieht man Läden mit Kochtöpfen und anderen Küchengerätschaften. Der Innenstadtbereich ist voll mit Restaurants, Bistros und Buchons Lyonnais. Als letztere bezeichnet man eine besondere Restaurantform, in der die klassischen rot-weiß-karierten Tischdecken, rustikale Wände und Gebälk und traditionelle Lyonnaiser Gerichte zuhause sind und zum Verweilen und Ausprobieren einladen.

Wir beginnen unsere Stadterkundung mit Les Halles de Lyon, welche die Stadt ebenfalls Paul Bocuse namentlich gewidmet hat. Ein Stand neben dem nächsten mit qualitativ hochwertigsten Produkten, wo auch die hiesigen Sterneköche für den Einkauf ihrer Kreationen ein und aus gehen. Wobei wir persönlich nicht gerade in Euphorie verfallen bei Austern, Hummern und Gänsestopfleber, gibt es ja dennoch auch immer noch genug fantastische Käse- und Wurstsorten, besten Pata-Negra-Schinken, handwerklich und optisch großartig gezauberte Pâtisserie und so vieles mehr. Wir probieren uns durch eine typische Tarte à la Praline (Zuckermandel-Tarte), Miniwurst-Varianten und auch einen meiner Lieblingskäse haben sie hier.

 

 

Lyon bedankt sich bei ihrem Meisterkoch mit einem Plakat und den Worten „Merci Monsieur Paul“. Ich muss allerdings sagen „Pardon Monsieur Paul“, denn die Lichtanimationen, die lauter Gemüse und Obst an eine große Hauswand mit seinem Bild darauf projizieren, zeigen immer gerade dann Erdbeeren auf seinen Augen, explodierendes Gemüse im Gesicht oder Zitronen auf der Nase, wenn ich auf den Auslöser drücke. Ist nicht böse gemeint! Gerade er findet es aber doch bestimmt nicht schlimm, Essen im Gesicht zu haben…

 

 

Wir schlendern weiter durch die Neustadt, was ich für eine ziemlich unpassende Bezeichnung für eine so schöne, weitläufige Ansammlung von Jugendstilgebäuden halte. Wobei, neu ist ja relativ, denn sobald man in die Altsadt kommt, ist wieder Mittelalter und viel Fachwerk angesagt. Unter der Vielzahl an Restaurants wollen wir nun doch mal sehen, was es mit den Buchons Lyonnais auf sich hat. Das ganze Ambiente ist wirklich schön gemütlich und die Karte eben sehr typisch für diese Stadt, aber genau das wollen wir ja mal kennenlernen. Dementsprechend finden sich dann bald Gerichte wie z.B. Paté en Croûte de Veau et Noix (Kalbspastete mit Nüssen im Teigmantel) oder fluffige Quenelles de Brochet en Sauce Nantua (Mehlspeise mit Hecht, das Ganze püriert, danach pochiert und serviert in einer Béchamelsauce mit Flusskrebsen, Sahne und Flusskrebsbutter) dazu aromatischer Trüffel-Kartoffelstampf vor unserer Nase wieder.

 

 

Hier in Lyon stehen wir mal zur Abwechslung auf einem typischen Campingplatz. Der ist mittlerweile einer von nur noch ganz seltenen Exemplaren, die zu diesem Zeitpunkt des Jahres überhaupt noch geöffnet haben. Alles ist sehr modern und schön gemacht, die Duschräume sind sogar beheizt (!!!) und das Wasser so puschelig warm, dass ich da gar nicht drunter weg möchte. Wir haben es ja nun seit ein paar Wochen mit dauerhaft ziemlich frischen Temperaturen zu tun, da ist es schön, wenn mal die Muskeln wieder so richtig durchgewärmt werden!
Es gibt hier sogar endlich mal wieder WLAN, allerdings kommt man auch nur in dessen Genuss, wenn man sich direkt bei der Rezeption hinsetzt. Auf dem Stellplatz selbst ist da auch nix. Und wenn wir auf Weingütern, Stadtparkplätzen oder auf Privatgrundstücken stehen, sind wir ja froh, dass wir da meist gratis übernachten dürfen, dafür gibt’s dann eben aber auch keinen Service. Nur fair. Aber so dauert das dann eben in der nächsten Zeit immer eine Weile, bis ich die nächste Aktualisierung dieses Blogs online stellen kann.

Weil die Innenstadt Lyons so viel zu bieten hat, machen wir mit dem Bus nochmal einen Ausflug dorthin. Römische Amphitheater mit Blick auf die Stadt, hübsche Kathedralen, große Wandmalereien und natürlich wieder die Altstadt an der Rhône zu bestaunen steht heute auf dem Programm. Früher hatten sie beim Bau, egal ob von Kathedralen oder Jugendstilwohngebäuden so viel weniger an technischen Mitteln zur Verfügung, um so schöne filigrane Details zu zaubern, das bewundere ich immer wieder. Und überall auf der Welt freut man sich doch über die jeweilig dort vorhandenen Altbauen und die Stile. Aber heute widerum, wo man alles maschinell vorgefertigt herstellen könnte und generell so viel Unterstützung mit Technik vorhanden wäre, sind Neubauten - egal für welchen Zweck - doch in der Regel ziemlich schlicht und gesichtslos. Das finde ich immer so schade. Da könnte man doch so schön was draus machen heutzutage... Dieser Innenstadt mangelt es jedenfalls nicht an alten Bauten.

 

 

So, nun weiter gen Süden. Google kündigt uns eine Fahrtzeit von 2 1/2 Stunden an, es werden aber ohne zu nüdeln oder lange Stopps zu machen doch irgendwie 5 Stunden. Das kennen wir ja eigentlich auch schon, dass man auf die angegebene Zeit gern mal was draufrechnen kann, aber die Strecke kam uns auf der Karte heute so lang nun wirklich nicht vor. Im Dunkeln erreichen wir einen Bauernhof mit Aprikosenanbau und Bioschweinen irgendwo bei VALENCE. In seinem kleinen Laden mit eigenen Produkten und solchen aus der Nähe decken wir uns noch ein bisschen ein und stellen uns dann auf die große Wiese, wo erstaunlich viele Camper bereits ihren Platz für die Nacht bezogen haben. Hier ist ja was los! Aber am nächsten Tag sind sie schon wieder alle ausgeflogen und wir gehen noch ein bisschen zu Fuß los die Gegend entdecken.

 

 

MONTÉLIMAR, das Tor zur Provence, ist besonders bekannt für seine Nougatprodukte und eine quietschpinke Halle beherbergt eine bunte Ansammlung dieser Süßigkeit und diverser anderer Naschings. Früher sind besonders die Leute aus Paris über die Landstraße N7 an die Mittelmeerküste gereist und haben sich bei einem Zwischenstopp hier ebenfalls mit Nougat eingedeckt. Von dieser Nostalgie lebt der Ort noch heute. Eine alte Burg haben sie auch dort und wir gehen mal gucken. Einen schönen Blick auf die Stadt haben wir von den alten Mauern aus und im Innenhof genießen wir, geschützt vorm ordentlich pustenden Mistral, die provençalische Sonne. Im Gegensatz zu Norddeutschland, wo der Wind ja eher die Wolken ins Land hereindrückt, werden sie durch den sehr oft vorkommenden Mistral aus dem Rhônetal einfach aufs Meer hinausgeblasen und man kann sich meist über einen blankgeputzen Himmel mit viel Sonne freuen. Auch im Winter. Dazu wird die Vegetation bereits mediterraner mit Pinien, mit an jeder Ecke wie Unkraut wachsendem, herzhaft duftendem Rosmarin und vielen Olivenbäumen. Willkommen in der Provence!!!

 

 

Auf dem Weg nach ORANGE wird vom Licht der tiefstehenden Sonne alles in eine ebensolche Farbe getaucht und wir stellen uns direkt an den römischen weißen Torbogen am Eingang der Stadt für die Nacht hin.

 

 

Schlendernd durch die alten Gassen frage ich mich, was ich hier eigentlich grade mache. Wir sind zwar fantastischerweise nun in der Provence und es gibt so viel Schönes wiederzusehen, doch da wir auf dieser Frankreich-Tour von einer Stadt in die nächste gereist sind, ohne dabei großen Kontakt mit den Einheimischen zu haben, stellt sich ein bisschen das Gefühl der Oberflächlichkeit ein. Wenn wir uns mal auf einen Campingplatz (so denn noch geöffnet) oder überhaupt einen Platz mit vielen anderen Wohnmobilen gestellt haben, scheint dort ja allgemein nicht viel an Kommunikation miteinander zu passieren - egal welche Nation dort steht. Das kennen wir von den Amerikas, wenn man mal auf andere Reisende trifft, definitiv anders. Aber hier sind ja Reisen ins Nachbarland auch nicht gerade exotisch und so ist man untereinander wohl auch nicht so interessiert. Auch auf den Weingütern, privaten Höfen, etc. ist es mittlerweile so gang und gäbe, dass dort Camper ein- und ausfahren, dass man auch mit diesen Gastgebern nicht wirklich groß ins Gespräch kommt. Man ist eben auch da oft bereits nur einer von vielen. Aus diesem Anlass erinnern wir uns an Bernard und Jo in Arles. Bei denen haben wir schon einmal im schön restaurierten Haus für ein paar Wochen gewohnt, um mal französisches Leben an einem einzigen Ort kennenzulernen, anstatt immer umher zu reisen. Und die beiden sind so unglaublich herzliche und von ihrer Umgebung absolut begeisterte Gastgeber, dass ich deren Kontakt seit über mehr als vier Jahren im Portemonnaie habe. Irgendwie hatte ich schon damals auf dem Schirm, irgendwann zurückzukommen und die beiden nochmal wiederzusehen. Bernard erinnert sich beim Anruf sogar an uns und wir können demnächst uns wieder für ein paar Tage in deren Haus einquartieren. Juhu, ich freu mich!

Für den Moment ist jetzt aber erstmal Orange dran. Es fällt auf, dass die Häuser bereits deutlich mehr Farbe haben als weiter im Norden. Warme Pastelltöne mit jeweils andersfarbigen Fensterläden sind hier an der Tagesordnung und geben eine warme Atmosphäre. Wahrzeichen der Stadt ist das römische, gut erhaltene Amphitheater, in dem jeden Sommer viele klassische Konzerte stattfinden. Man kann von oben von einem Park aus hineinsehen und der Blick weckt die Lust, einem sommerlichen Spektakel in lauschiger, südlicher Luft beizuwohnen. Statt dessen weht uns eine ordentlich steife Brise des Mistrals um die Ohren. Aber der Flan Pâtissier (Vanillepuddingkuchen), der mich vorhin in der Bäckerei so angelacht hat, schmeckt trotzdem! Die Sonne ist ja da, dann darf’s meinetwegen auch windig sein.

 

 

Wir machen uns wieder auf. Ganz stilecht säumen jede Menge Zypressen den Straßenrand und die Weinfelder und geben zwischendurch den Blick frei auf den Mont Ventoux. Das I-Tüpfelchen bildet der Mond, der sich bereits über die Landschaft erhoben hat. Ist das schön, oder was?! Diese Landschaft hier braucht wirklich immer nur mit nem Olivenzweig wedeln, ein bisschen nach Kräutern duften und die Sonne scheint ja sowieso meist, schon bin ich mal wieder hin und weg! Jetzt noch eine kleine platanengesäumte Auffahrt hinauffahren, und schon sind wir auf dem Hof eines hübschen Weinguts angelangt.
In der Sonne ist es zum Frühstück sogar so warm, dass man prima draußen essen kann. Doll! Soooo! Wir haben hier sogar einen kleinen Boules-Platz, auf dem wir eine Runde spielen. So haben wir schonmal ein bisschen Übung, falls wir mal demnächst in die Verlegenheit kommen sollten, gegen die jeweiligen Lokalhelden anzutreten.

 

 

Im nahegelegenen CARPENTRAS wollen wir eigentlich vorbeischauen, weil heute am 19.11. normalerweise der erste Wintertrüffel auf den Markt kommt. In dieser französischen Trüffelhauptstadt werden dessen Preise ausgehandelt, die dann die Richtlinie für die anderen Märkte dieser Art in der Provence für den ganzen Winter bilden. Aber das Klima war wohl nicht günstig, deswegen wurde dieses Datum nun auf den 03.12. verschoben, damit auch ordentlich Qualität auf die Waage kommt. Auch Richerenche, als weiterer wichtiger Standort für dieses Produkt, hat die groß gefeierte Eröffnung dieses kulinarischen Ereignisses um zwei Wochen verschoben. Na gut, wir sind ja noch ne Zeit in der Region, dann eben später nocheinmal. Wir bekommen aber trotzdem einen schönen Eindruck von der Innenstadt, in der heute Markttag war und mittlerweile alle Besucher dessen unter bunt belaubten Platanen in der Sonne ihren Pastis trinken und einen Mittagssnack zu sich nehmen. Statt Trüffel nehmen wir wenigstens noch umhauend leckere Käsesorten aus einer Fromagerie mit.

 

 

Da es ja durch die geschlossenen Campingplätze, die wegen des anstehenden Winters abgestellten öffentlichen Wasserhähne und die Tatsache, dass eben auch auf privaten Geländen, auf denen man stehen darf, eben kein Service dabei ist, also kein Strom, kein Wasser, keine Dusche oder überhaupt Sanitäranlagen, wird’s etwas mühselig bis unmöglich damit, Duschgelegenheiten zu finden. Die zu fahrenden Distanzen werden hier in der Provence eher noch kürzer als weiter, ein Aufheizen unseres Boilerwassers ist also auch nicht drin. Bei der niedrig stehenden Sonne ist es leider ein Ding der Unmöglichkeit, unseren Solarpanels ausreichend Power zu verschaffen, dem Duschwasser eine menschenwürdige Temperatur zu verleihen. Daher beschließen wir, für 8 Tage auf den umstrittenen Campingplatz in AVIGNON einzukehren. Der ist wirklich der einzige, der noch aufhat. Laut Onlinemeinungen sei das Bad oll, mal sauber, mal überhaupt nicht, die Angstellten seien mürrisch und der Platz an sich auch so geht so. Ja, das Bad könnte mal ne Grundüberholung in Sachen Modernität gebrauchen, ist aber immer wirklich sauber, die Angestellten sind sehr freundlich und es gibt ganz viele Platanen auf dem Gelände, die ich ja immer so schön finde. Da beschweren sich doch manche, dass die Laub verlieren…


Auf jeden Fall liegt er sehr praktisch auf einer kleinen Insel mitten in der Rhône, von der aus man kaum ein paar Minuten über die Brücke läuft, und schon ist man in Avignon. Noch auf der einen Brücke stehend, hat man bereits den Blick auf die berühmte, heutzutage nicht mehr ganz über den Fluss reichende „Pont d’Avignon“ aus dem Kinderlied. Nebenan beschützt die mittelalterliche Mauer mit ihren Wehrtürmen auch heute noch die schöne alte Innenstadt und den riesigen, wuchtigen Papstpalast, der ziemlich deutlich werden lässt, welche Macht zu damaligen Zeiten von dort ausging. Das ganze Wochenende sind Gourmettage und viele kleine Produzenten aus ganz Frankreich sind angereist, um ihre Spezialitäten anzubieten. Raum wird all diesen in einer Kirche geboten. Was soll ich sagen, Essen ist hier eben heilig!

 


Auch auf einen Sonntag sind die Markthallen geöffnet und es ist viel los. Die Leute treffen sich hier offensichtlich gern mit Freunden, um einen Happen direkt frisch vom Stand zu essen, begleitet natürlich mit einem Gläschen Wein. Das wirkt echt gemütlich. So eine schöne Lebensart!

Ansonsten gibt’s natürlich wieder malerische Straßenzüge, Gassen und kleine Winkel zu bestaunen, sogar ein paar alte Mühlräder entlang eines Bachlaufs haben sich noch gut gehalten und abends steigt als Highlight der Vollmond hinter dem Mont Ventoux über der blau erleuchteten Pont d’Avignon auf. Schön!

 

 

Auf der anderen Flussseite befindet sich VILLENEUVE-LEZ-AVIGNON, ebenfalls ein charmantes Örtchen mit dem darüber thronenden Fort Saint-André. Von dem Hügel nebenan, auf dem vom Mistral im wahrsten Sinne des Wortes windschiefe Kiefern wachsen, lässt sich der Ort gut überblicken. Und mittendrin wieder einmal so viel Charme in Gestalt von Gassen, Häusern und Details. Weinranken haben's hier besonders drauf, sich dekorativ um Fenster und Türen zu schlingen.

Da das in Carpentras ja nichts wurde mit den Trüffeln, gibt’s eben hier zum Abendessen ein ordentliches Wagenrad Pizza mit dem schwarzen Gold, ebensolchem Öl und ganz viel Schinken. Uffz!

 

 

Zwischendurch ist noch ein Ausflug nach SAINT-RÉMY-DE-PROVENCE drin. Man muss eigentlich nur den Platanenalleen folgen, dann ist man schon da. In den wärmeren Jahreszeiten ist der Mittwochsmarkt der Knaller, und - wie ich finde - der Schönste der gesamten Region. Im Moment ist aber auch vielen Marktleuten zu kalt, um sich stundenlang nach draußen zu stellen und die Anzahl der Stände ist deutlich reduziert. Beim Blick auf die Immobilienpreise hingegen ist nichts reduziert. Die lassen staunen, wie teuer das hier und in der Umgebung alles in den letzten Jahren geworden ist.

 

 

Zurück in Avignon laden die Wege auf der Flussinsel zu einem Spaziergang ein. Einer führt direkt neben der Rhône entlang, wir werden von der Sonne beschienen und die Bäume leuchten über uns in bunten Farben. Herbstlaub hält hier offensichtlich länger an den Zweigen als bei uns. Eine junge Katze wickelt uns miauend um den Finger und verfolgt uns eine Weile. Mann, ist die niedlich!!! Ein Spaziergänger meint, dass sie mit noch einem weiteren jungen Geschwisterchen von der Besitzerin beim Umzug hier gelassen wurden und sich jetzt nur noch ein Hausbootbesitzer um sie kümmert. Er gibt ihnen wohl Futter, aber wenn wir sie mitnehmen wollten, könnten wir das tun. Oh Mann, sowas darf man mir doch nicht erzählen. Ich möchte sie am liebsten einpacken, aber auf unseren paar Quadratmetern und dann noch auf Reisen, was ja nun echt nichts für Katzen ist, nee, das geht echt schweren Herzens nicht…! Ich wünsche ihnen, dass sich jemand mit großem Garten bestmöglich um sie kümmern möge!

 

 

Und nun ist also Zeit für ARLES. Das ist die kleine Stadt, mit der ich auf der ursprünglich geplanten Weltumrundung alle anderen Orte vergleichen wollte, ob sie sich wohl besser als neuen Platz zum Leben eignen als dieses schöne Fleckchen hier. Lange Zeit war ja Los Angeles ganz weit vorne mit dabei, hat aber über die Jahre durch zuviel Investments und noch mehr Verkehr an coolem Charme verloren.
Arles hat einfach alles: eine 2600 Jahre alte Geschichte, mitten im Zentrum eine imposante römische Arena und ein Amphitheater, wobei beide auch heute noch für Stierkämpfe bzw. Konzerte u.ä. genutzt werden und süße Gassen mit pastellgetönten Häusern, bei denen hier und da die Farbe schon etwas abgeschrebbelt ist. Außerdem wurden der angestammten École Superieure de la Photographie gerade neue Hörsäle erbaut und direkt nebenan mit dem LUMA-Turm sowohl der Fotografie und der Kunst ein neues ikonisches Denkmal gesetzt. Die unterschiedlich ausgerichteten Kacheln des Turms sollen an die Pinselstriche der Impressionisten wie Van Gogh und Cézanne erinnern, die das besondere Licht der Provence auf Leinwand gebannt haben. Und jedes Jahr im Sommer finden die Rencontres d’Arles statt, eine internationale Fotoausstellung, die jedes Jahr größer wird (von Coronazeiten mal abgesehen). Die Stadt hat es also geschafft, Geschichte und Moderne sehr gut zusammenzubringen und dem Thema rund ums Foto so viel Raum zu geben. Das ist natürlich was für mich.
Darüber hinaus sind die Restaurants fantastisch, die Läden hübsch und beim Schlendern durch die Straßen denke ich jedes Mal wieder: „Sooo viel Niedlichkeit!!!“ Und drumherum kann man auch wirklich in jede Richtung fahren und es ist schön dort. In der Camargue gibt es noch echte Cowboys (Gardians), die die Stiere hüten, da brauche ich also nicht extra nach Texas. Dementsprechend wird auch die Pferdetradition noch hochgehalten. Es ist meist sonnig hier, dazu wachsen Kakteen, Thymian, Rosmarin und Lavendel quasi von allein und überall finden jede Menge Events statt, die sehr einladend sind.
Alles genau mein Ding!

Und dann sind da noch Bernard und Jo, die uns wieder so warmherzig empfangen, als sie uns den Schlüssel für ihr Gästehaus überreichen, das nur ein paar Umfall-Längen von der Arena entfernt ist. Da wir hier nun für 5 Tage einziehen, wollen wir Jumpy nicht so lange unbeaufsichtigt irgendwo am Straßenrand stehen lassen. Das bekommt dem Wageninhalt hier wohl nicht so gut, so liest man. Dementsprechend dürfen wir Jumpy solange auf deren Grundstück in einem Dorf etwas außerhalb von Arles parken. Super nett! Anschließend bekommen wir von Bernard noch eine kleine Stadtrundfahrt mit Tipps, was wir uns noch alles ansehen könnten. Man merkt ihm auch nach mehreren Jahren mit Gästen immer noch dieselbe Begeisterung an, mit der er ihnen seine Stadt zeigt. Toll!

 

 

Der Tag in Arles beginnt jeweils schon mit einem besonderen Moment, denn selbst bei so einer banalen Tätigkeit wie Baguette fürs Frühstück holen, läuft man einfach mal an einer römischen Arena vorbei! Das Ding beeindruckt mich immer wieder. Ebenso wie die das 3-Gänge-Menü in einem puscheligen Restaurant, das wir noch von der letzten Reise her kennen.

 

 

Überall in der Stadt sieht man Plakate hängen von Fotoausstellungen oder von sonstigen Veranstaltungen. Ein paar hätten sogar noch während unserer Zeit hier stattgefunden, aber die habe ich erst zu spät gesehen. Aber auch sonst haben viele die Häuserwände zum Kunstobjekt gemacht und dort was auch immer plakatiert, angemalt oder einfach kleine Fotos in Rahmen aufgehängt. Ansonsten tragen viele andere hübsche Details zur allgemeinen Deko der Stadt bei.

 

 

Die Tatsache, dass das Haus hier so gemütlich ist und uns mal wieder mehrere Zimmer statt eines Autos (so gern wir auch mit Jumpy unterwegs sind!) zur Verfügung stehen, lässt uns nach 5 Tagen nur schwer wieder ausziehen. Dazu eben noch die bereits erwähnte Strom- und Duschsituation im Wagen im Moment. Dementsprechend hat Torben beim Gespräch mit Bernard mal die spontane Idee geäußert, ob er nicht was wüsste, wie man sich hier in der Gegend gut mal für etwas längere Zeit einquartieren könnte. Der wiederum hatte gleich die Eingebung, dass wir bei einer Freundin mal anfragen könnten, ob sie uns ihr Studio vermietet. Gesagt getan, auch das fügt sich alles und so ist unser Quartier ab Anfang Januar hier sicher. Bis dahin dürften wir gern auf dem Hof bei Bernard und Jo stehen. Wasseranschluss und Strom kein Problem. Wow, die sind echt der Knaller!
Wir sind noch nicht ganz sicher, ob wir das Angebot annehmen sollen, aber wir wollen vorher ohnehin noch eine Runde durch die Camargue drehen.

 

Diese Runde beginnen wir mit LES-SAINTES-MARIES-DE-LA-MER, einem eigentlich charmanten Örtchen am Mittelmeer mit lauter weiß getünchten Häusern, das sich in der Saison leider doch sehr dem Tourismus verschrieben hat. Wobei sie es zumindest unterlassen haben, Bettenburgen zu bauen. Alle Gäste werden hier in normalen Häusern untergebracht. Das ist ja schonmal was. Jetzt Anfang Dezember wirkt es nahezu ausgestorben, kaum ein Lädchen ist geöffnet, kein Restaurant bruzzelt irgendetwas Leckeres, die Fensterläden sind fast alle verschlossen. Aber es scheinen dennoch einige Einheimische auch im Winter hier zu leben, da ein paar Grüppchen in der Sonne Pétanque spielen. Aber den Strand haben wir fast für uns alleine. Nur ein einzelner Mann sitzt friedlich neben seiner Rotweinflasche auf einem Ponton und füttert die Möwen, die wie wild hinter den Brotkumen herfliegen. Im Hintergrund geht schon langsam die Sonne unter. Die Wellen rauschen dazu und ein leichtes Lüftchen weht, es ist nicht mal richtig kalt und das um diese Jahreszeit! Eine schöne Stimmung ist das hier gerade.

 

 

Wir brauchen aber noch einen Platz zum Übernachten, also reißen wir uns los und schauen uns in der Gegend um. Ein Parkplatz neben dem Strand will 13 € für nichts an Service haben, also weiter. Nebenbei wirft das Wetter einfach mal alles in einen Topf, was es zu bieten hat, um uns zu imponieren: dicke Wolken in der Ferne, die zum einen von der Sonne hell angestrahlt werden, die aber darunter dunkel gefärbt sind und einiges an Regen über der Region hinter uns herablassen. Die tief stehende Sonne taucht die Sumpfpflanzen der CAMARGUE in ein warmes Rot, die Gräser leuchten hellgelb daraus hervor. Herden der für diese Gegend typischen schwarzen Stiere bieten einen dunklen Kontrast zu dieser Sonnenuntergangslandschaft. Auch der Himmel über uns lässt Regen hinabfallen, aber er erreicht den Boden nicht, sondern wirkt nur wie ein Schleier, mit dem die Wolken wedeln wie ein Torrero mit seinem Tuch. Die Stiere bleiben unbeeindruckt. Wir nicht. Das ist einfach zu spektakulär! Kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichen wir eine Manade (Gutshof, auf dem Camargue-Pferde und/ oder -Stiere gehalten und gezüchtet werden), wo gratis stehen dürfen.

 

 

Am nächsten Morgen bekommen wir noch mit, wie die Gardians vom Pferd aus mit den Stieren arbeiten oder mit einigen Gästen Ausritte in die sumpfige Gegend unternehmen. Die in einer solchen Landschaft wohl in Heerscharen existierenden Mücken gibt es im Winter zum Glück nur ganz wenige. Im Sommer soll es damit unerträglich werden, wobei ich bei all meinen Besuchen hier seltsamerweise noch nie auch nur einen einzigen Mückenstich bekommen habe. Es war aber immer genügend Mistral, der hat sie dann wohl einfach weggepustet.

 

 

Ich würde ja gern mal mit den Leuten hier sprechen, um sie zu ihrer Arbeit mit den Tieren auszufragen, aber es ist irgendwie jeder mit sich selbst beschäftigt, selbst eine Begrüßung kommt denen kaum über die Lippen. Dann eben nicht, fahren wir also lieber weiter zu einer anderen Manade. Auf der finden jetzt am Wochenende sowieso ein Weihnachtsmarkt und andere Veranstaltungen statt. Die Camargue-Landschaft auf dem Weg dorthin zeigt sich wieder von ihrer besten Seite mit Gras-, Wasser- und Marschflächen. Dazu rosa Flamigos und wieder ein paar Stiere, wenn auch nicht in schwarz, sondern in „bunt“. Es ist schön, nach all den Städten, die wir in Frankreich besucht haben, sich auch mal wieder ein paar Tage in der Natur aufzuhalten und den Himmel in dieser weiten, flachen Gegend mit 360° Rundumblick bis zum Horizont sehen zu können. Besonders, wenn er schon wieder einen schönen Sonnenuntergang wie diesen zu bieten hat. Von meiner Seite keine Einwände. Der Himmel ist auch gut gelaunt und lässt ein paar rosa Wattebällchen fliegen. Und dann haben wir noch die Gelegenheit, mal wieder eine ruppelige Piste zu fahren, so dass wir uns ein ganz kleines bisschen an das Gefühl von Abenteuer erinnern.

 

 

Auf der DOMAINE PAUL RICARD DE MÉJANES ist einiges los. Auf dem Weihnachtsmarkt bieten lokale Händler ihre Produkte an, für die Kinder wuselt ein Weihnachtsmann herum und in der großen Arena wird demonstriert, wie sich der Stierkampfnachwuchs mit noch recht kleinen jungen Stieren auf die Courses Camarguaises vorbereitet. Zwar gibt es in der Region auch noch die blutigen Stierkämpfe, aber an der Tagesordnung ist in den warmen Jahreszeiten viel eher diese unblutige Variante, bei der dem Stier verschiedene Bänder und Kordeln an den Hörnern befestigt werden, die die Razeteure dann davon abpflücken, sich aber gleichzeitig auch über die roten Holzbanden hechtend in Sicherheit bringen müssen vor den agilen, schnellen Schwergewichten. Es sind bei dieser Art Stierkampf eher die Menschen, die hier ihre Versehrtheit riskieren, weniger die Stiere. Wobei diese tatsächlich manchmal auch so sehr hinterher sind, den Razeteuren eins mit ihren Hörnern zu verpassen, dass sie auch schonmal mit über die Bande springen.

 

 

Außerdem zeigen Voltigierer auf Pferden turnend ihre Künste, die Tochter des Anwesens führt Dressuraufgaben vor und eine altersmäßig ganz bunt gemischte Folkloregruppe in lokaler Tracht präsentiert ihre alten Tänze.

 

 

Man könnte denken, dass auf dem Hof des berühmten Pastis-Herstellers vielleicht auch der ein oder andere Anisschnaps ausgeschenkt wird, aber nein. Eher bekommt man einen Glühwein, der es sogar mittlerweile auch in diese Gefilde geschafft hat. Früher hat Paul Ricard wohl regelmäßig zu den größten privaten Courses Camarguaises der Region eingeladen, da kamen um die 2000 Leute. Auch so einige Promis der damaligen Zeit gingen dort ein und aus, die wir nur aus alten Schwarz-Weiß-Filmen kennen wie z.B. Fernandel aus „Don Camillo“. Heute wird neben der Pferde- und Stierzucht das Anwesen dazu genutzt, die Traditionen der Camargue aufrecht zu erhalten. So wie an diesem Wochenende. Und nebenan kann man prima durch die Landschaft und an den Weiden vorbei spazieren.

 

 

Wir wollen nochmal ans Meer, diesmal in der Nähe von SALINS-DE-GIRAUD. In den dortigen Salinen wird auch heute noch Meersalz gewonnen und das rosa Wasser - wenn im richtigen Winkel betrachtet - hebt sich vor der Kulisse des Ortes und dem hellblauen Himmel ab.

 

 

Hier stürmt es schon ganz ordentlich, aber das ist noch nichts gegen den Wind am PLAGE DE PIÉMANSON. Der fegt einem eiskalt ins Gesicht, fast die Mütze vom Kopf und man kann kaum geradeaus gehen. Hunderte von Wellen brechen gleichzeitig am seichten Strand und deren Gischt wird gleich wieder aufs Meer zurückgeweht. Die Sandkörner werden gleich hinterher geschickt. Ein bisschen gehen wir am Strand entlang, aber für länger ist das heute kein Spaß. Dafür sieht’s toll aus und hinter einem kleinen Gebäude finden wir ein bisschen Schutz, um es doch noch ein Weilchen auszuhalten. Aber dann sind wir doch so durchgefroren, dass wir froh sind, uns bei Jumpy drinnen mit einen heißen Tee wieder aufzuwärmen.

 

Übernachten soll man hier leider nicht können, es sei denn, man hat Lust, sich von der Polizei um Mitternacht ein Ticket ausstellen und womöglich auch noch verscheuchen zu lassen. Aber in Salins mitten im Ort kann man gut auf einem ganz friedlichen Platz stehen, der Wind hat entweder mittlerweile nachgelasen oder er wird hier ausgebremst. Und wir treffen im Ort sogar noch jemanden, bei dem wir unsere schon völlig zur Neige gegangenen Wasservorräte auffüllen dürfen. Auf der Domaine de Méjanes wurden wir für so eine Frage ja leider schräg angeguckt. Der Platz sei ohne Services, dass sei doch wohl klar. Hm, ja, aber nützt ja nichts, wenn das Wasser leer ist und man in der ganzen Region nichts mehr nachfüllen kann. Und auf dem Hof werden ja schließlich auch Pferde mit Wasser versorgt, irgendwo sollte es doch also was geben. Von mir aus hätten wir jemandem dafür auch 3 € in die Hand gedrückt. Aber nachdem wir lediglich eine Zapfstelle mit dem Hinweis, dass das kein Trinkwasser sei, gezeigt bekommen haben, wollten wir uns das Zeug auch nicht in die Tanks tun und sind abgefahren. Und da denkt man, in Lateinamerika sei es schwierig, an Trinkwasser zu kommen. Nein, da ist es meist recht einfach, nur im angeblich so zivilisierten Europa wird das zumindest im Winter zur Herausforderung. Absurd! Aber wenigstens in Salins hat nun jemand ein Einsehen mit uns.

 

 

Uns gefällt es weiterhin ganz gut, in dieser Landschaft statt in Städten unterwegs zu sein und daher stellen wir uns danach nochmal ein paar Tage in die Botanik mehr landeinwärts. Es ist absolut still hier. Herrlich! Unseren Weihnachtsleuchtkaktus graben wir auch mal wieder aus. Im letzten Jahr war er noch in Mexico und in Guatemala im Einsatz. Mann, Mann, Mann, schon wieder so viel erlebt in einem Jahr!

 

 

In St. Gilles finden wir beim städtischen Schwimmbad eine verständnisvolle Dame an der Kasse, die uns, solange die nächste Schulklasse noch nicht da ist, gratis in den herrlich warmen Duschräumen mal wieder einen Reinigungszustand herstellen lässt, der über den einer Katzenwäsche und Ansätze waschen hinausgeht. So einen Duschnotstand hatten wir in den Amerikas auch noch nie. Ich sag ja „zivilisiertes Europa“, tse… Jetzt aber freuen wir uns erstmal über die frische Politur und ziehen auf das Weingut Montcalm in der Nähe um.

Neben ziemlich gutem vergorenem Traubensaft, der Sandwein genannt wird, weil die Reben im entsprechenden Boden wachsen, haben sie noch dazu fantastisches Wetter zu bieten. T-Shirt-Temperaturen Mitte Dezember!!! Was sagt man dazu?! Wir genießen die wärmenden Strahlen in unseren gemütlichen Stühlen, grillen ein paar Merguez-Würstchen und bestaunen den blitzeblanken Himmel. Nicht ein Wölkchen, in keiner Himmelsrichtung! Ein blaues Quadrat auf blauem Grund... Und beste Sicht auf die schönen Sonnenuntergänge gibt’s auch noch gratis dabei. Das hat die Region hier echt drauf, muss ich schon sagen!

 

 

AIGUES MORTES ist für einen Tagesausflug nicht weit von hier. Auffällig sind die Kiefern dieser Gegend, deren Baumkronen wie bei Brokkoli optisch quasi eine Einheit bilden und deren Stämme wie die Strunke separat unten herausragen. Von der historischen Stadtmauer aus, die einmal rings um die Altstadt führt, haben wir einen schönen Überblick über das Zentrum innen und die rosa Salinen außen. Auch heute ist es mit 14 Grad wieder recht warm in der Sonne und die dicke Winterjacke scheint schon fast zuviel. Als wir nachmittags, wieder unten in den Gassen angelangt, einfach etwas trinken und eine Kleinigkeit essen wollen, stellen wir mal wieder fest, dass das in diesem Land recht schwierig ist. Cafés sind nicht überall sehr üblich und Essen zwischen 14 und 19 h auch nicht unbedingt eine einfach zu findende Angelegenheit. Zumal jetzt ja auch absolute Nebensaison ist. Mit hängendem Magen setzen wir uns am Ende in ein Hotel und bezahlen für zwei Tees und zwei Stück kleine Kuchen horrende Preise. Putzig finden wir die vor den Toren der Stadt aufgebaute kleine Eisbahn. Jetzt ist es bei Dunkelheit auch wieder richtig kalt, aber heute am warmen Nachmittag wirkte diese Einrichtung schon ein bisschen albern. Wir müssen an den Oman denken. Da gab es sogar in einer Wüstenstadt ein Einkaufszentrum mit Eisfläche. Absurd!

 

 

Eine Woche nach der letzten Tankfüllung röchelt die Wasserpumpe nur noch Luft hervor. Ja, ja, kein Service an diesem Ort inklusive, schon klar, (wir sind immer noch auf dem Weingut), aber als wir im Laden fragen, ob wir wenigstens ein paar Liter bekommen können, wird nur verneint. Na, vielen Dank. Auch hier hätten wir auch was dafür bezahlt, aber die Dame beharrt auf dem Prinzip. Torben lässt in den Hallen des Weinguts nochmal seinen Charme spielen und siehe da, für die Kellermeisterin ist es offensichtlich kein Problem, ein paar Liter springen zu lassen. Wir sind hier ja schließlich weder in der Wüste noch in einer sonstigen Notstandsregion.
Die einzige Lösung für diese nervige, ständig wiederkehrende Beschaffungssituation scheint zu sein, wirklich auf das Angebot von Bernard und Jo zurückzukommen, bei ihnen auf dem Hof zu stehen, bis wir Anfang Januar in das bereits gebuchte Studio in der Nähe umziehen. Sie haben zwischendurch immer mal wieder angerufen und sich erkundigt, was wir so machen und wie es uns geht. Goldig, oder? Dabei haben sie ihre Einladung so oft wiederholt, dass wir jetzt einfach mal zuschlagen. Wir wollen nunmal nicht nach Spanien, wo sich der Rest der Camperwelt in dieser Jahreszeit wohl gern tummelt.

Kaum auf das Grundstück der beiden in einem Dorf BEI ARLES gefahren, legt Bernard ein unglaubliches Engagement an den Tag, um Jumpy auch ja ebenmäßig stehen zu lassen. Er buddelt sogar Löcher in den Garten für die Vorderräder, baut Treppchen, damit unser Ein- und Ausstieg schön bequem ist und Jumpy auch wirklich gemütlich hinten auf Holzbalken stehen kann. „Une petite installation“ meint er, aber so einen Aufwand haben wir fürs Gradestehen selbst noch nie betrieben. Hier ist übrigens auch noch der Grill, dort die Steckdose, dahinten der Wasserschlauch. Und Bitteschön! Sie hätten uns auch noch ein Gästezimmer zum Übernachten angeboten, wenn sie eines gehabt hätten. Dafür dürfen wir aber deren Dusche benutzen und Wäsche waschen bei Bedarf. Mit was für einer Selbstverständlichkeit und Großzügigkeit wir hier aufgenommen werden, ist wirklich überwältigend! Damit nicht genug, werden wir auch gleich zum Abendessen eingeladen.

Wir sind erstaunt, dass wir die Miesmuscheln zum Nudelgericht tatsächlich sogar mögen. Das nehmen die beiden gleich als Anlass, uns kurz darauf wieder einzuladen. Diesmal zum Probieren von Austern und anderen rohen, noch lebenden Muscheln. Wir hätten ja schließlich in Kolumbien schon Ameisen, in Mexico Grashüpfer und in den USA Krokodil gegessen, wir sollten uns nicht so anstellen. Hm, was sollen wir dem entgegensetzen? Aber das war da alles wenigstens gegrillt… Egal, wir sehen dieses Angebot als Chance, mal jeweils ein einzelnes Exemplar auszutesten, ohne im Restaurant für so ein Experiment davon gleich eine ganze Portion bestellen zu müssen.
Zumindest sind wir neugierig, warum da so viele so ein Bohei drum machen. Aber nach beiden Tests, bei denen die Vorstellung, grade ein lebendes Wesen zu verputzen, nicht gerade den Appetit angeregt hat, müssen wir sagen, dass es einfach nichts für uns ist. Später erzählen uns die beiden, dass sie nun immer an uns denken, wenn sie Austern essen. Vor allem mein etwas verzweifelter Gesichtsausdruck hat die beiden wohl nachhaltig amüsiert…

 

 

Auch hier gibt es selbst im Dezember Tage, die wir in der Sonne draußen sitzend genießen können. Guckt man dabei Richtung Haus, hat man mit einem Blick gleich alles beisammen: eine große Agave, dicke Rosmarinbüsche, blühende Blümchen und die typischen blauen Fensterläden am beigem Haus. Drumherum Oliven- und Feigenbäume und eine recht freie Sicht in die Landschaft, herrlich!

 

 

Zwischendurch machen wir noch einen Ausflug in die ALPILLES (quasi Mini-Alpen, die sich in ein paar wenigen Kurven erklimmen lassen) nach LES BAUX. Schon wieder bläst der Mistral, aber dafür kann man oben angekommen auch schön weit über die provençalische Landschaft inklusive weitläufiger Olivenhaine, Zypressen und ganz am Ende des Horizonts sogar das Meer sehen. Das Dörfchen ist um diese Jahreszeit kaum besucht. Wir klettern auf der alten Burgruine herum, aber irgendwann sind wir ziemlich durchgeweht.

 

 

Daher gehen wir noch das windgeschützte Spektakel „CARRIÈRES DES LUMIÈRES“ in den alten Kalksteinbrüchen besuchen. Hier werden die Werke unterschiedlichster berühmter Maler - derzeit von Cézanne und Kandinsky - mit faszinierenden Lichtprojektionen an die alten Steinbruchwände geworfen. Die dazu ergänzten Animationen und die Musikuntermalung hauchen dem ganzen ein unglaubliches Leben ein und wir haben das Gefühl, als ob wir durch die Gemälde hindurchmarschieren wie z.B. durch das Mittelmeer waten, durch ein Blumenfeld oder einen Fluß, während die gemalten Menschen ein Bad dort nehmen. So beeindruckend kann Kunst sein! Wirklich ganz toll gemacht!!!

 

 

Und dann steht Weihnachten bevor. Wir haben tatsächlich die Ehre, mit der ganzen Familie von Jo und Bernard, die auch alle mit dem dem Grundstück wohnen, Heiligabend mitfeiern zu dürfen. Das rührt uns wirklich und wir nehmen gerne diese fantastische Gelegenheit an, dieses Fest einmal bei den Menschen zuhause in der Provence mitzuerleben. Zuerst geht’s in die Kirche. Die katholische Messe wirkt ein bisschen chaotisch vom Ablauf her und beim Pfarrer überlege ich die ganze Zeit, an wen er mich denn erinnert. Fast am Ende des 1 1/2 stündigen Gottesdienstes fällt’s mir ein: an den indischstämmigen Raj aus der „Big Bang Theory“. Kaum gedacht, kündigt er an, ein paar Verse auf Hindi aus seiner indischen Heimat zu singen… Siehste… Darüber hinaus werden ständig Zeilen à la „Emmanuel, weile unter uns und rette uns“ wiederholt. Bei dem Namen muss ich immer an Macron denken.

Das üppige Abendessen findet im Haus von Jo’s Eltern statt. Erstmal geht’s zu unserem Erschrecken los mit Schnecken, gefüllt mit Petersilien-Knoblauch-Butter. Eine beachtliche Portion (so als Anfänger) steht jeweils vor uns und alle verfolgen belustigt (besonders nach dem Austernerlebnis), ob wir die denn mögen und brav aufessen. Überraschenderweise schmecken die wirklich ganz gut und es ist sogar recht leicht, alles zu vertilgen! Wenigstens isst man die heiß aus dem Ofen kommend und nicht roh… Weiter geht’s mit Jacobsmuscheln zu Lauchgemüse in Cremesauce, dann Lachs, Entenstopfleber (nein, es gibt leider keine harmlose Variante, dieses Produkt zu erzeugen… und nein, auch die wird nicht unser Ding), verschiedene Käsesorten und am Ende 13 Desserts, eine Tradition, bei der man auch hier die Zahl fast wörtlich nimmt. Es ist also schier unmöglich, hungrig diesen Tisch zu verlassen. Es herrscht eine gelassene, lustige Stimmung. Alle fragen uns ständig was aus und mir schwirrt am Ende doch ein bisschen der Kopf nach so viel Französisch sprechen auf einmal. Sie sind alle wirklich ganz lieb und herzlich zu uns und sie geben uns das Gefühl, als würden wir wie selbstverständlich dazugehören. Das war ein richtig schöner Abend und wir sind dankbar für dieses Erlebnis!!!
Nachts wirkt wohl noch der Kirchenbesuch mit dem Emmanuel-Lied nach, denn ich träume tatsächlich von Macron, der meiner Fantasie nach auf einmal  aus Deutschland stammt, dann nach Frankreich wechselt und unverschämterweise gleich einmal ein paar deutsche Gesetze auch hier einführen will. Meine Reaktion darauf ist Bernards Lieblingssatz auf deutsch „das ist nischt normall“. Oh Mann…! Als ich ihm das am nächsten Tag erzähle, hält er das für eine gar keine so schlechte Idee…

 

@ Jo, Bernard et votre famille: Merci encore une fois pour votre acceuil chaleureux sur votre propriété, pour avoir eu la possibilité de passer quelque temps avec vous, pour votre grande confiance, pour nous avoir rendu des petits et grands faveurs et, bien sûr, aussi pour l'occasion de fêter Noël avec toute votre famille super sympa. Cette invitation était un honneur et un grand plaisir!

Pensez à nous quand vous mangerez des huîtres... ;-)

 

 

Am 2. Weihnachtstag machen wir uns auf zum PONT DU GARD, einem der beeindruckenden Aquädukte der Römer. Auf dem Hinweg tröpfelt es noch ein wenig aus den Wolken, aber als wir ankommen, knipst die Sonne gerade ihr Licht an und bescheint die beachtlichen mehrstöckigen Bögen des Bauwerks, die sich im Fluss nochmal wiederspiegeln. Schön!

 

 

Kurz nach Weihnachten fahren Jo und Bernard in den Urlaub und überlassen uns mal eben den Hausschlüssel, damit wir ruhig alleine den Fernseher, das Bad, die Waschmaschine, die Küche und das WLAN nutzen können. Wenn sie mal tagsüber nicht da waren, haben wir den auch gerne schonmal in die Hand gedrückt bekommen, sogar auch deren Autoschlüssel, aber nun für mehrere Tage, was für ein Vertrauen!!! Sooo lange kennen wir uns ja nun auch wieder nicht.
Wir nutzen davon einfach nur die Gelegenheit für eine heiße Dusche und nen Fernsehabend. Aber doll, oder?!

Nach ein paar Tagen machen wir uns aber für den Jahreswechsel auf, nochmal nach LES-SAINTES-MARIES-DE-LA-MER zu fahren. Dort sollen einige Veranstaltungen stattfinden. Am Ankunftstag ist die Sonne noch gnädig mit uns und pinselt zum Abend wieder bunte Farben an den Himmel über Strand, Meer und den kleinen Hafen. Am Uferrand sieht es sogar so aus, als würde das das Licht reflektierende Wasser den Sand mit eimerweise Perlmutt überschütten. Toll!

 

Am nächsten Morgen dann nur noch graue Suppe, die auch die nächsten 3 Tage nicht weichen will und schwer und dunkel über allem hängt. Am Abend vor Silvester soll ein „Abrivado aux flambeaux“, ein Fackelzug auf Camargue-Pferden und Stieren im Schlepptau stattfinden. Irgendwie hatte ich mir davon eine längere Veranstaltung versprochen, 1 Stunde, vielleicht 1 1/2, wie auch immer. Aber jedenfalls nicht, dass das Ganze schon in 2 Sekunden vorbei ist. Hoppi Galoppi, zack und durch und weg… Hä?! Ich hatte nicht mal meine Kamera fertig eingestellt. Ich frage noch ganz ungläubig einen Streckenposten für die Absperrung, ob das jetzt ernst gemeint ist oder ob da noch was kommt. Nee, das war’s… Und dafür sind wir jetzt extra hergekommen? Scheint so. Naja, ist ja nicht so, dass wir im Moment so viel anderes auf dem Zettel hätten, aber ein bisschen enttäuschend ist das schon.

 

 

Am Silvesterabend dauert das offizielle Feuerwerk dann aber wenigstens schon einiges länger. Die leuchtenden Raketen färben den Nebel bunt, manche explodieren auch außerhalb der Sichtweite und fallen dann mit farbigen Streifen von oben aus der dicken Suppe wieder raus. Das sieht wenigstens alles ganz hübsch aus und man scheint hier offenbar nicht zu glauben, dass das Betrachten der bunten Lichter automatisch die Corona-Inzidenzen nach oben treibt…
Bei Jumpy folgt dann unser Silvesteressen mit Käsefondue und leckeren Trüffeltapenaden und dann… schwupps… ist wieder ein Jahr vorbei!

 

 

Am Neujahrsmorgen findet nochmal ein Abrivado statt. Dieses Mal bin ich auf die Kürze dieser Veranstaltung wenigstens vorbereitet und erhasche ein paar Fotos. Im Anschluss folgt noch ein Trupp, der ein paar Fohlen im Schlepptau hat und dann ist auch das erledigt. Naja, kann man nichts machen. Außer ein paar Blicke auf den in grauen Dunst gehüllten Hafen und das Meer werfen, einen Spaziergang machen und dann leicht maulig aufs Sofa verkriechen und Tee trinken. Wie haben wir ein solch düsteres Wetter bloß jeweils ein halbes Jahr in Norddeutschland ausgehalten??? Völlig unverständlich… Wir wollten uns hier eigentlich ein paar Tage in der Sonne aalen und überhaupt das Leben draußen genießen. Leider nischt!

 

 

So, es reicht hier, wir fahren weiter nach LE GRAU DU ROI, das sich offenbar leider mittlerweile zu einem Retortenort entwickelt hat. Dafür haben sie, etwas weiter weg vom Ortszentrum, einen Strand, der ewig breit und weit ist, so dass man hier stundenlang spazieren gehen kann. Das machen wir dann auch. Der Sand hat hier ganz tolle Färbungen und bildet zusammen mit dem typischen Wellenmuster schöne Motive.


Parken zum Übernachten ist hier auch durch allerhand Maßnahmen quasi unmöglich, aber bei einem ebenfalls über Winter geschlossenen Campingplatz stellen wir uns einfach auf den Parkplatz davor und hoffen, dass das keinen stört. Wird einem in der Region hier aber auch wirklich nicht leicht gemacht… Der nächste Morgen überrascht uns dann endlich wieder mit Sonne! Wir machen nochmals einen Spaziergang barfuß durch den ganz angenehm temperierten Sand, der er sich ganz flauschig weich anfühlt. Dazu leuchten ein paar Dünengewächse bunt aus dem Sand hervor, man könnte meinen, das seien Korallen. Jedenfalls ist das alles wieder viel schöner, wenn das dicke, gelbe Bällchen vom Himmel scheint.

 

 

Der kurze, nochmalige Besuch von AIGUES MORTES beschert uns ein paar Eindrücke wie z.B. merkwürdig geformte Bäume, anhängliche Katzen mit unglaublich weichem Fell und einen Laden, der doch tatsächlich mexikanische Kacheln und Waschbecken anbietet.

 

 

Und als hätte der Übernachtungsplatz beim dem Weingut von MONTCALM, auf dem wir ja neulich auch schon waren, quasi eine Dauerbuchung dafür abgeschlossen, feuert hier der Himmel zum Tagesende auch heute wieder Farben auf die Tapete, dass es schon unecht aussieht. Ich hab nicht am Farbregler gedreht, wirklich!

 

 

Für ein paar wenige Tage kehren wir nochmals bei Jo und Bernard auf dem Hof ein, gehen mit ihnen wandern in den pininenbestandenen Hügeln von Fontvielle, ich mache für die Gästehäuser der Familie noch ein paar onlinetauglichere Fotos und dann ziehen wir am 08. Januar für einen Monat in ein kleines Studio ganz in der Nähe ein. Dies hatten wir ja Anfang Dezember bereits organisiert. Das Studio ist Teil eines größeren Hauses, welches einer deutschen Freundin von Jo und Bernard gehört. Sie ist aber für die Winterzeit in Deutschland und wir haben mit ihr die Vereinbarung getroffen, dass wir dieses Studio für einen günstigeren Preis gemietet bekommen, wenn wir dafür ein paar Arbeiten am Haus und im Garten erledigen. So können wir uns bei dieser Gelegenheit gleich einmal wie Hausbesitzer in der Provence fühlen, mit all den alltäglichen Aufgaben, die so etwas mit sich bringt. Wir hatten vorher noch alternativ probiert, über Housesitting-Plattformen etwas zu finden, wo man sogar gratis unterkommen kann, weil die Eigentümer froh sind, dass Hund und Katze versorgt sind und das Haus nicht leer steht. Aber die Leute in dieser Region, die so etwas anbieten, hatten nur Bedarf für die Zeit der Weihnachts- und Neujahrsfeierlichkeiten. Bernard hatte noch eine andere Idee, aber dort passte Jumpy nicht mit auf den Hof und daher haben wir uns für diese Variante entschieden. So können wir uns nun für einen Monat über eine immer heiße Dusche, einen puschelig geheizten Raum und zuverlässiges WLAN freuen. Allerdings müssen wir auch Jumpys fast komplettes Innenleben einmal in unser neues kleines Zuhause umräumen.

Und dann kehrt so etwas wie Alltäglichkeit in unser provençalisches Leben ein. Es ist schön, wenn man die Supermarktanordnung bereits kennt und nicht wie beim Unterwegssein sich immer wieder an neue Produktverteilungen im Laden anpassen muss, was manchmal in ewiges Suchen für die eigentlich selbstverständlichsten Dinge ausartet. Wir kennen die Gegend schon sehr gut und es sind auch nochmal Ausflüge mit Jo und Bernard zum Flohmarkt, nach Fontvielle oder wieder ans Mittelmeer drin. Der Wochenmarkt in Arles ist auch sehr schön und hat wirklich viele Stände mit tollen Produkten anzubieten. Und hier und da genießen wir nochmal die fantastischen Restaurants der Stadt. Ach ja, und bei der Fromagerie unseres Vertrauens werden wir mittlerweile schon wiedererkannt. Die haben aber auch was lecker Zeug da! Das ist zwar deutlich teurer als ein Supermarktkäse (wobei sich in diesem Land selbst da schon die Qual der Wahl bietet), aber es lohnnt sich geschmacklich auf jeden Fall! Auch wenn wir uns manchmal ein bisschen überwinden müssen, besonders haarige oder sonstwie schimmelige Krusten einfach mitzuessen, weil das hier so gehört. Na, und dann sind da eben noch die Arbeiten auf dem Grundstück, die doch einige Zeit in Anspruch nehmen.

 

 

Das Gute ist, obwohl der Januar der kälteste Monat hier ist, wird es nachts schlimmstenfalls mal -4 Grad, tagsüber haben wir es bis auf vielleicht zwei graue Tage immer sonnig und meist zwischen 10 und 14 Grad warm. Manchmal gibt es sogar Ausreißer auf 17 oder 18 Grad. Wenn mal nicht der eisige Mistral pfeift, ist es in der Sonne wirklich schon im T-Shirt auszuhalten. Und da sagen die Einheimischen sogar noch, dass das ein ungewöhnlich kalter Winter sei. Ständig hören wir Gemecker über die Temperaturen. Wir gucken immer nur verständnislos (wieso, die Sonne scheint doch, wo ist jetzt genau das Problem???) und verweisen auf 6 Monate Dauergrau in Norddeutschland, auf Regen, Schnee, Matschepatsche und dass der danach lang ersehnte Sommer oft auch seinen Namen nicht verdient.
Die Besitzerinnen eines Cafés gucken uns bei dieser Schilderung nur verdattert an und es entfährt einer der beiden fast entsetzt „Et il y habitent des gens? - Und da wohnen Menschen???!!!“ Ähm, jaaaa! Wobei ich mich auch frage, warum eigentlich, wenn man’s so schön haben kann im Winter…

Wir wollen noch eine Runde durch den LUBERON, einen kleinen Gebirgszug mit niedlichen Dörfern, die sich an die Hügel kuscheln, drehen. Die Gegend ist viel vertrockneter als um Arles herum. Da die Sonne fleißig scheint, sieht es fast wie nach einem langen Sommer aus. Wir beginnen mit LOURMARIN. Hier scheint man gern dem Sehen und Gesehenwerden mit den entsprechenden Automarken, aufwändigem Make up und sonstigem Zubehör zu frönen. Das Örtchen selbst hat niedliche alte Sträßchen und Gassen mit charmanten Häusern zu bieten. Einige Cafés sind geöffnet und die Gäste genießen die wärmenden Strahlen. Wir denken, dass wir noch im nächsten Dorf dafür Gelegenheit hätten und lassen diese Chance ungenutzt aus.

 

 

Denn wir fahren heute noch weiter ins deutlich bodenständigere CUCURON. Dies ist dank seiner Beschaulichkeit schon ein paar Mal Kulisse für internationale Filme geworden. In den hübschen mittelalterlichen Gassen, die kreisförmig um das auf einer Anhöhe gelegene Zentrum verlaufen, herrscht eine angenehme Dosis an Leben, an dem sich aber leider weder Cafés noch Restaurants beteiligen. Alle zu, nichtmal für die Einheimischen ist was geöffnet, sie warten wohl alle die belebtere Saison ab. Schade! Dafür sind die Leute hier sehr nett, mit einigen kommen wir ins Gespräch. Und eine Menge Katzen gibt es hier mit ein paar sehr anhänglichen Exemplaren darunter. Für die Übernachtung finden wir ein ganz friedliches Plätzchen mit Blick auf den Ort zur einen und den sehr schönen Sonnenuntergang zur anderen Seite.

 

 

Am Folgetag geht’s auf die Nordseite des Luberon zum COLORADO DE RUSTREL, einem Ockercanyon, wo früher tatsächlich die Farbpigmente für Malereien vieler Künstler und für die Häuser der Region abgebaut wurden, die auch heute noch gern diese schönen, warmen Töne tragen. Der Wanderweg führt durch eine ebenso bunte Landschaft aus sonnengelb, senfgelb, orange, rostrot und sogar weiß mit bizarren Formen, die der Regen im Laufe der Zeit herausgearbeitet hat. Dazwischen Kiefernwälder, die einen kräftigen, dunkelgrünen Farbtupfer bilden. Obendrüber ein strahlend blauer Himmel. Fantastisch!

 

 

SAIGNON wiederum thront als kleines Dorf über dem Städtchen Apt und der Landschaft drumherum. Wir haben hier schon früher einmal in einem ganz süßen Restaurant mit urigem Gewölbe fantastisch gegessen und können uns sogar noch über 10 Jahre später an die Gerichte und manche Details erinnern! Dieses war bei unseren Erzählungen immer unser Paradebeispiel dafür, dass man in Frankreich selbst im kleinsten Ort himmlisch schlemmen kann. Leider ist dies wie auch andere Läden im ganzen Ort dicht. Mist, schon wieder selber kochen… Wo auch immer die Einheimischen jetzt essen gehen. Wohnen hier überhaupt noch welche oder kommen sie erst zur Saison wieder hoch??? Jetzt ist offenbar Winterschlaf angesagt. Bummeln wir eben alleine durch die Gassen.

 

 

Ein malerisches Beispiel für ein Ockerdorf ist auf jeden Fall ROUSSILLON, zu dessen Fuß wir auf einer riesigen Wiese für die Nacht parken. Als Haus trägt man hier Lehmfarben in allen Tönen, was dem Ganzen eine warme, charmante Atmosphäre verleiht. Leben findet hier allerdings auch kaum statt und dabei ist zur Saison hier ordentlich Rummel.

 

 

In die Hübschheit der Dörfer, aber auch in den derzeitigen Murmeltiermodus reihen sich LACOSTE und MÉNERBES ein. Nicht mal die Bäckerei hat geöffnet, obwohl wir doch ein paar wenige hier wohnende Leute erspähen. Von Restaurants brauchen wir also gar nicht anfangen zu träumen… Das hatten wir so nicht erwartet und haben für diese 3-Tagestour auch nicht so unendlich viel an Essen mitgenommen, da wir auf leckere Verpflegung unterwegs gehofft hatten. Also machen wir uns nach dem Sonnenuntergang in Ménerbes wieder auf den „Heimweg“ in unsere derzeitigen festen 4 Wände.

 

 

Auch die letzte Woche in unserem Studio geht schnell vorbei. Staunen müssen wir derweil, dass an einem 04. Februar hier schon die Kirschbäume in voller Blüte stehen! Ganze 2 1/2 Monate bevor diese Gewächse sich bei uns das trauen! Dazu noch frühlingshaftes Vogelgezwitscher und der Mistral ist auch nicht mehr so eisig. Herrlich! Aber es ist nun Zeit, uns von Jo und Bernard zu verabschieden. Sie lassen es sich nicht nehmen, uns nochmal zu sich einzuladen. Sie haben auch wieder ein paar Meeresfrüchte im Programm und Morue (vielleicht besser bekannt als Bacalao, der Stockfisch, der durch Wässerung quasi wieder auf Ursprungsformat gebracht wird). Beides schmeckt wieder ganz toll. Das haben sie uns (vor allem mir, die an fischige Experimente sonst nicht so rangeht) ja wirklich gut beigebracht, sowas zu mögen. In diesem Land kann man einfach (fast) alles essen!
Außerdem könnten wir mit Jumpy auch wieder in deren Garten ziehen, meinen sie. Hach, die beiden sind toll! Aber wir wollen dann doch jetzt mal langsam weiter gen Italien. Mit Jägermeister, Wein und Pastis stoßen wir an diesem launigen, lustigen Abend auf unsere Weiterreise an. Hicks!

@ Jo et Bernard: Bien (avec accent Marseillais bien sûr ;-) ) Merci pour tout, vous deux! Vous êtes incroyables! Restez comme vous êtes! À la prochaine! Bisous!!!

 

 

On the road again zur Gorge du Verdon. Hier ist nicht nur eine schöne Schlucht zuhause, sondern auch die berühmten, weiten Lavendelfelder. Noch sind sie natürlich heruntergestutzt und warten auf den Sommer, aber die silbrigen Reihen der Pflanzen sind hier überall zu sehen und geben schonmal eine Idee, wie das hier in ein paar Monaten komplett in lila aussehen wird. Farblich herausragend ist im Moment jedenfalls der LAC DE LACROIX, der je nach Lichteinfall in einem tiefen Blau bis Grün daherkommt. Für die Nacht finden wir einen schönen friedlichen Platz hoch oben über dem See und genießen die Aussicht.

 

 

Am nächsten Tag ist unten am Seeufer auch noch nichts los und wir haben das alles fast für uns alleine. Nur ein einzelnes Paar paddelt gemütlich über das Wasser.

@ Toddy: Sieht aus wie ein Advanced Elements Airframe One… ;-)

 

 

Die Sonne wärmt herrlich und es ist alles ganz ruhig. Eigentlich ein schöner Platz zum länger Verweilen, aber wir wollen heute noch ein bisschen weiter der GORGE DU VERDON mit ihren tiefen Schluchtwänden entlang. Abends tut sich ein Platz auf, von dem aus wir einen tollen Blick hinein in diese Felsschneise mit einer schönen wilden Landschaft drumherum haben.

 

 

Diese Gegend lädt zum Wandern ein. Und wie das so ist, wenn man hoch oben übernachtet und dann zum Fluss runter will: es sind einige Höhenmeter zu überwinden und wir haben uns die letzte Zeit immer im Flachland aufgehalten. Wir sind also mal wieder nichts gewöhnt, aber die Mühe ist es wert, denn wir werden mit einer Menge Eindrücken belohnt. Dort, wo die Sonne auf die Kalkfelswände hinscheint, ist uns schon fast nach T-Shirt-Wetter, erst recht mit der Kletterei. Aber dort, wo die Schlucht noch im tiefen kalten Schatten liegt, ist es noch ganz winterlich. Lange Eiszapfen hängen von Felsvorsprüngen, hier und da liegt noch Schnee und der Fluss fließt in seinem eisigen Blau dahin und gräbt sich Stück für Stück immer tiefer ins Gestein. Ein ganzes Stück müssen wir dann durch einen finsteren Tunnel. Ohne Taschenlampe am Smartphone wären wir da aufgeschmissen gewesen, denn es ist wirklich für einen Kilometer stockduster, der Boden uneben und manchmal stapfen wir durch große, matschige Pfützen. Ab und zu sind aber ein paar Durchbrüche und geben Aussichten auf die hier schon sonnenbeschienene und damit wieder farbintensive Schlucht. Irgendwann ist auch der Tunnel mal durchlaufen und der Wanderweg würde wahrscheinlich noch ewig weiterführen. Aber da ist ja noch der ganze Weg wieder zurück. Also noch ein paar Mal die Eindrücke dieser schönen Umgebung einfangen und dann wieder hoch die Canyonwände. Uffz! Abends leuchtet ein stimmungsvolles Sonnenuntergangslicht auf den Schluchtscherenschnitt, den wir bei geöffneter Wohnzimmertür bewundern, während lecker duftend das Abendessen vor sich hinköchelt.

 

 

Nach einer ruhigen Übernachtung führt uns die Straße entlang des Flusses immer weiter. Da wir noch keine Lust wieder auf Zivilisation haben, machen wir noch einen Abstecher zu einem ziemlich leeren, aber erstaunlich türkisen Stausee. Hat wohl schon lange nicht mehr geregnet in dieser Region. Irgendwo auf einer Wiese nehmen wir dann Platz und sehen auf einen sehr vulkanähnlichen Berg, über dem die rosa angeleuchteten Kondensstreifen eines Flugzeus tatsächlich den Eindruck erwecken, als würde er eine Rauchfahne ausspucken. Das wär’s doch! Ein dekorativ ausbrechender Vulkan ganz in der Nähe, so wie in Guatemala. Aber nee, alles harmlos, alles ruhig.

 

 

Eine ganze Menge an Serpentinen sind zu überwinden, die uns aber nach den Anden in Kolumbien so gar nicht mehr schocken können, und dann sind wir in GRASSE, der selbsternannten Parfumhauptstadt der Welt. Wir kommen auf dem Hof eines Bioladens unter. Die Stadt gehört schon zur Côte d’Azur und in dieser ganzen Region liegt alles am Hang. So müssen wir für einen Stadtbummel auch erstmal - wenigstens mit dem Bus - ein ganzes Stück wieder den Berg hoch. Die Stadt gibt es ja schon seit dem Mittelalter und da hat man ja gerne mal in erlauchten Kreisen Parfum eingesetzt, um Körpermüffel zu überdecken. Heute wäre es durchaus angebracht, die Gassen selbst einzusprühen, die doch - je enger sie sind - hier und da nach Pipi stinken.


Als wir das letzte Mal vor ein paar Jahren hier waren, haben wir die Gelegenheit genutzt, unter Anleitung unser jeweilig eigenes Parfum aus einer Auswahl von über 100 Duftnoten zu kreieren. Das hat echt Spaß gemacht!


Die italienische Grenze ist nicht mehr weit von hier und ich finde, irgendwie merkt man das auch schon. An den Hausfarben, an der Menge an Wäsche, die draußen vor den Fenstern hängt und insgesamt an der Atmosphäre. Komisch eigentlich, denn ich habe die Stadt eher als mittelalterlich grau in Erinnerung. Plötsinn!


Abends wollen wir eigentlich wieder den Bus den Berg runter zu Jumpy nehmen. Aber an den diversen Stationen der relevanten Linie kommt einfach mal… keiner! Irgendwann sind wir dann auch schon den halben Weg gegangen und laufen dann eben auch noch den Rest, der so definitiv gar nicht für Fußgänger gemacht ist. Will eben keiner diese elendigen Steigungen freiwillig laufen…

 

 

Der nächste Standort bestimmt sich durch den zu erwartenden Ausblick, den unsere App prophezeit. Das ist auch so ziemlich der einzige Platz, mit dem wir uns anfreunden können. Durch besagte Steillage in dieser Region ist schon kaum Platz für Häuser, Straßen und einheimische Autos und wir fühlen uns wieder entsprechend eingeengt. Einfach mal in der Botanik stehen wird damit also zur Herausforderung. Die einzige Lösung, die wir finden können, sind die Anhöhen um den STADTSTAAT MONACO. Aber als wir dort ankommen, stehen schon überall „Campen verboten“-Schilder und die Straße zum eigentlichen Übernachtungspunkt ist auch zur Hälfte abgesperrt mit einem angehängten „Einfahrt verboten“-Symbol. Maaaaann, es nervt wirklich, dass man in Europa kaum mehr wild stehen darf. Eigentlich verständlich, weil durch Corona wirklich unglaubliche Mengen an Campern gekauft wurden und nun von Frühjahr bis Herbst unterwegs sind. Das kann für die diversen Städte und Gegenden wirklich anstrengend werden, wenn die alle sich nicht mehr nur auf Campingplätzen tummeln, sondern auch die Freiheit des unabhängigen Stehens erleben wollen. Aber wie das so ist, wenn Massen alle dasselbe wollen… Wir gehen also erstmal zu Fuß den Weg hoch. Dort treffen wir auf ein spanisches Paar, dass zum Felsklettern schon seit einer Weile mit dem Bulli hier ist. Sie erzählen, dass es jetzt in der absoluten Nebensaison nichtmal die patrouillierende Polizei stört, wenn man hier trotz der ganzen Schilder und Absperrungen übernachtet. Eine großartige Auskunft, die uns davor bewahrt, noch weiter ewig in der Gegend herumzukurven.

Statt dessen nutzen wir lieber die Zeit, um uns in ein Café zu setzen und stilecht mit einem Pastis auf die ausklingende Zeit in Frankreich anzustoßen. Mit Blick aufs Meer, die Sonne scheint! Prost!
Und von Jumpys neuem Schlafplatz haben wir von der Couch aus zu französischen Chansons eine wunderbare Aussicht auf die CÔTE D’AZUR mit ihren Städten wie Nizza und Antibes. Dazu stehen überall die Mimosas in zitrusgelb leuchtender Blüte (wie schon in Grasse) und läuten den Frühling ein. Noch ein paar Meter höher entlang des Weges steht man direkt oberhalb von Monaco und die Stadt liegt einem zu Füßen. Dahinter Menton und die italienische Küste. Nachts dann das Ganze mit dem entsprechenden Lichtermeer. Schön!

 

 

Am nächsten Tag decken wir uns in einer Fromagerie nochmal mit lecker Käse ein. Wer weiß, wie es darum in Italien steht. Wir bleiben aber zunächst noch in Monaco, wechseln aber noch auf einen Parkplatz eines exklusiven Tennisclubs, von dem aus die Stadt näher zu Fuß erreichbar ist. Wobei Nähe ja auch relativ ist. Ich weiß gar nicht, wieviele hunderte Stufen und steile Straßenpassagen wir den Berg runterklettern müssen, um endlich unten anzukommen. Dort erwartet uns ein Spektakel der Schickeria. Es werden fleißig Ferraris, Lamborghinis, Bugattis und Co spazieren gefahren, gern auch mal auf der F1-Rennstrecke der Stadt, um dann aber - auf ganz mexikanische Art - von ständigen Geschwindigkeitsreduzierungshubbeln wieder auf Fußgängertempo heruntergebremst zu werden. Männlein und Weiblein gehen wie für ein Modemagazin herausgeputzt mit ihrem ebenso dekorierten Handtaschen-Wau-Wau auf dem Arm spazieren. Und wer etwas auf sich hält, parkt mit seinem schnittigen Flitzer direkt vor dem berühmten Casino, um darin sein Vermögen aufs Spiel zu setzen. Im Hafen werden von einer Menge Personal die riesigen Yachten auf Vordermann gehalten für den Fall, dass der Besitzer ein Mal im Jahr rausschippern möchte. Die Innenstadt hat noch ein paar alte Häuser im Jugendstil zu bieten, die wirklich schön sind, aber eine Vielzahl an Immobilien ist von außen doch eher im Stil „billiger Plattenbau“ gehalten. Dennoch soll laut Recherche der Quadratmeterpreis im Stadtdurchschnitt bei 48.000 € liegen. Absurd! Da gehen die ganzen Steuerersparnisse gleich schon wieder für die Butze drauf. Und für die Mehrwertsteuer, die hier bei 50 % liegt, so dass ein einfacher Kaffee gleich schon ein Vermögen kostet…
Nachdem wir genug Kuriositäten gesehen haben, wollen wir wieder den Berg hoch und hoffen, dass es diesmal mit der Busrückfahrt klappt. Hier funktioniert’s und die steile Steigung zu Fuß zu erklimmen bleibt uns zum Glück erspart.

 

 

Wir verlassen das gerade mal gut 2 Quadratkilometer kleine Fürstentum, durchqueren nur noch ein ganz kleines Stück Frankreich und dann geht’s rüber nach Italien, das seit Kurzem keinen extra PCR-Test zusätzlich zum gültigen Impfstatus mehr sehen will. Nicht nochmal wieder in der Nase bis zum Hirn bohren lassen, um über eine Grenze zu gelangen! Wie schön!

 

 

FAZIT FRANKREICH:

 

Aufenthalt: 3 1/2 Monate
gefahrene km: 2.810 km
km gesamt: 35.523 km

Schön war’s wieder hier! Und sehr lecker! Obwohl wir schon recht häufig in Frankreich unterwegs waren, gibt es doch immer noch viel zu entdecken, an Städten, an Landschaften und an Spezialitäten. In diesem Land kann man eigentlich überall hin und es ist hübsch und vielfältig dort. Die Menschen waren wieder super nett. Diese positive Spanne ging von grundsätzlich gut gelaunten Supermarktkassiererinnen bis hin zur großartigen Gastfreundschaft, die wir bei Jo und Bernard erleben durften. Im Gegensatz zu dem sich allgemein hartnäckig haltenden Vorurteil, dass man hier arrogant sei, wird jeder schon bei der ersten Begrüßung erstmal freundlich angesprochen, jeder geht erstmal vom Guten des anderen aus. Jetzt haben wir auch mal testen können, ob die Menschen hier im Süden des Landes nur kurzzeitig Touristen gegenüber so nett sind oder auch noch, wenn man ihnen eröffnet, dass dies für uns als zukünftiger Wohnsitz denkbar ist. Aber sie haben den Test bestanden und haben sich gefreut!
Dazu hatten wir so schön viel Sonne und das im Winter, zumindest, sobald wir uns in provençalische Gefilde begeben haben. Der Mistral pustet zwar wirklich regelmäßig, haute einen auch schon manchmal fast um oder ließ zumindest meine Finger auch gern mal an der Kamera festfrieren. Aber wenn dafür das gelbe Bällchen scheint und der Himmel so strahlend blau leuchtet, dann nehmen wir das doch gern in Kauf.


Frankreich, wir kommen wieder!

 

 

 

 

 

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Kommentare: 2
  • #1

    FAHIM BOUAZZA (Donnerstag, 09 Dezember 2021 09:28)

    BONJOUR.Nous nous sommes rencontrer sur le parking au bord du rhone a ARLES
    Je suis le chauffeur de bus rouge.Je vous souhaites bonne continuation dans votre voyage.Superbe PHOTOS .BONNE ROUTES

  • #2

    Werner lüers (Freitag, 07 Januar 2022 14:01)

    Wunderschöne Fotos schöner Bericht euch alles gute und ein gutes neues Jahr werner